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Historie 1823 bis 1836: Die frühen Jahre unter Wittgenstein

2023

Historie 1823 bis 1836: Die frühen Jahre unter Wittgenstein

• Festkomitee-Gründung 1823 sollte Karneval beleben, Impulse setzen, Verbote verhindern und Geld für die Armenkasse erlösen

• Bis Ende der 1820er-Jahre wurden auch Alternativen zum Rosenmontagszug ausprobiert

• Den Held bzw. Prinz verkörperte bis 1836 nur einer: Emanuel Ciolina Zanoli

• Prinz, Bauer und Jungfrau sowie Hillije Knächte un Mägde und Rote Funken waren schon bei den ersten Zügen dabei

• 1830er wurden durch internen Richtungsstreit und Konflikte mit der Obrigkeit geprägt

 

 

Köln. Eine Erneuerung des Karnevals war in den 1820er-Jahren überfällig. Wilde Sitten auf den Straßen und ein drohendes Verbot durch die seit 1815 in Köln herrschenden Preußen machte deutlich, dass es so nicht weiterging. Den entscheidenden Impuls setzte eine kleine Gruppe bildungsbürgerlicher Männer um den 25-jährigen Heinrich von Wittgenstein. Sie versammelte sich 1822 in der Weinstube „Im Häuschen“ nahe St. Ursula und gründete 1823 ein „Comité“, das dem alten Fest neue Impulse geben sollte, um es in geordnetere Bahnen zu lenken. Das war der Startschuss für die Entstehung zahlreicher karnevalistischer Elemente, Formen und Ideen. Die vielleicht wichtigste Innovation: ein Rosenmontagszug mit dem Prinzen bzw. Helden Karneval als Höhepunkt. Für die Vorbereitungen versammelte man sich vorher mehrfach, und aus der zunehmend humoristischen Verlesung der Protokolle dieser Treffen entstanden die Sitzungen und Reden. Da die Wortbeiträge bei einem „Literarisches Komitee“ angemeldet werden mussten, gab es auch gleich ein Gremium, dass die Qualität der Vorträge im Auge hatte. Der Präsident saß umgeben von seinen Räten auf einem erhöhten Sitz: die Keimzelle von Sitzungspräsident und Elferrat. Nach den Reden wurde gemeinsam zu Orchesterbegleitung gesungen, und schon die in diesen ersten Jahren angelegten Liedersammlungen zeugen von einiger musikalischer Auswahl. Wenige Jahre später wurde die einheitliche Kopfbedeckung in Form der „Mötz“ erfunden, erste Vorläufer der „Bütt“ standen auf der Karnevalsbühne. Alle Aktivitäten verfolgten dabei auch einen karitativen Zweck und sollten Geld in die Kassen der Armenverwaltung bringen. Neubelebung im Zeichen von Identitätsstiftung, Ordnungswillen und karitativem Zweck Der umtriebige Unternehmer und Kommunalpolitiker Heinrich von Wittgenstein (1797 – 1869) war noch ein junger Mann, als er seine Freunde und Bekannten zusammenholte und Anfang 1823 das Festkomitee gründete. Gemeinsam verfolgte man dabei romantische Ideale und handfeste Ideen. Die Lust auf Maskerade und Kostümierung sollte wieder geweckt werden, um das traditionsreiche, aber gerade auch in den Augen der preußischen Obrigkeit zu zügellose Fest am Leben zu erhalten und ihm neue Impulse zu geben. Das sollte in geordnete Bahnen gebracht werden. Durch die (in dieser Zeit wieder eingeführte und schon in französischer Zeit übliche) Lustbarkeitssteuer konnte zudem ein Beitrag zur Finanzierung der Armenverwaltung geleistet werden. Denn auf jede Maske wurde eine entsprechende Abgabe erhoben. Es war deshalb auch nicht ganz zufällig, dass einige de Komitee-Gründer (darunter ab 1825 auch Heinrich von Wittgenstein selbst) später im Beirat der Kölner Armenverwaltung saßen. Der Kreis der Organisationen ordnete seine Arbeit und bestimmte auch einen ersten Sprecher – die Wahl fiel natürlich auf von Wittgenstein, der so der erste von bis heute 34 Präsidenten an der Spitze des Festkomitees wurde. Die Gestaltung des Festes entsprach ganz dem akademisch überformten Humor der „Erfinder“. Ein glanzvoller Prinz bzw. „Held“ stand an der Spitze, Gestalten aus römischer Zeit oder aus dem Mittelalter, aber auch Bezüge zum eleganten venezianischen Karneval tauchten auf: Was an Motiven, Figuren und Ausdrucksformen geeignet erschien, wurde verwendet. Als Wittgenstein die Führung des Komitees 1836 an Peter Hubert Leven abgab, markierte das nicht nur einen personellen Wechsel. Der akademisch geprägte romantische Karneval der Anfangsjahre wandelte sich in der Folge zu einem bürgerlicheren Fest.


Romantischer Karneval und Findungsphase

Auch wenn sich manche der zentralen „Erfindungen“ der Komitee-Gründer als brillante Idee erwiesen, so brachten die ersten Jahre doch auch viele Experimente, die sich zuweilen aber als Sackgasse erwiesen. Die „Thronbesteigung des Helden Carneval“ wurde im ersten Rosenmontagszug am 10. Februar 1823 auf dem Neumarkt gefeiert.

Der Platz war in den Anfangsjahren auch immer wieder ausschließlicher Schauplatz oder zumindest Dreh- und Angelpunkt der Umzüge. Vieles musste sich dabei zunächst einmal finden in dieser Zeit – es war auch eine Phase des Experimentierens. So ging der Zug mal als Sternmarsch (1824 und auch 1828), mal wurden (vermutlich) nur öffentliche Spiele abgehalten (1827). Die Gründe dafür sind heute nicht mehr ganz klar. Vermutlich waren es 1827 zum Beispiel Uneinigkeiten im Komitee, die einen gebührenden Umzug zum fünfjährigen Jubiläum des geordneten Karnevals verhinderten. Auch der karnevalistischer „Knies“ ist also bei weitem kein neues Phänomen. Aber auch die Versöhnung war und ist im Karneval nie weit: Am 14.01.1827 machte der preußische Generalmajor Baron von Czettritz und Neuhauß den Vorschlag, bei den Versammlungen der Jecken kleine bunte Gesellschaftsmützen zu tragen – nach dem Motto „Gleiche Brüder, gleiche Kappen“. Der Vorschlag wurde jubelnd angenommen, die „Mötz“ (zuweilen auch „Krätzchen“ genannt) war geboren. In ihr kam auch der seit 1826 schwelende Konflikt zwischen den „Neuen“ und den „Alten“ im Komitee zum Ausdruck. Durch das einheitliche Accessoire sollte Gleichheit und Einheitlichkeit ausgedrückt werden – eine wahrhaft preußische Idee also. Doch die „Neuen“ wollten noch mehr: Neben romantischen Elementen sollte auch politische Satire im Karneval Platz finden. Die Idee ließ sich nicht aufhalten und wurde ein festes Element des Festes.

Prinzen und andere Helden: Die Evolution zentraler Karnevalsfiguren

Der „Prinz“ hieß in den Anfangsjahren stets „Held Karneval“ und wurde, wenn er überhaupt im Zug vertreten war, stets durch den Kölnisch-Wasser-Fabrikanten Emanuel Ciolina Zanoli verkörpert. Noch mehr Kontinuität als der Held Carneval hatte in diesen frühen Jahren der Umzüge die Figur des Hanswursts, dessen Erscheinen sehr häufig belegt ist. Er wurde, ebenso wie Bauer und Jungfrau / Venetia / Agrippina von Personen verkörpert, deren Namen nicht überliefert sind. Die Kunstfigur stand im Mittelpunkt des Interesses, während der Darsteller dahinter verschwand. 1825 waren erstmals sowohl der Bauer als auch die Jungfrau im Zug vertreten. Der Bauer ist ein 1422 erstmals erwähntes Symbol für die Stadt Köln – damals als „Schildhalter des Reichs“ erwähnt in einem Gedicht. Er steht für die Wehrhaftigkeit der Stadt und wird traditionell rückblickend auch mit der Schlacht bei Worringen in Verbindung gebracht. Im Zug tauchte er 1825 erstmals auf. 1570 wurde die Jungfrau als Verkörperung der Stadtgründerin Agrippina erstmals erwähnt. Sie symbolisiert die Unberührbarkeit der Stadt. Agrippina ist als solche im Zug 1823 mit dabei, ein Jahr später bildet die Venetia die zentrale weibliche Figur. Als Erinnerungen an die reichsstädtische Zeit waren schon im ersten Rosenmontagszug außerdem zwei wichtige Gruppen vertreten, die sich heute zu illustren Karnevalsgesellschaften weiterentwickelt haben. Die Hillije Knächte un Mägde können bis ins 13./14. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Damals trugen in den Prozessionen die Kinder der Mitglieder der Bauerbänke – das waren Zusammenschlüsse der Ackerbauern in der Stadt – die Heiligenfiguren. Natürlich ebenfalls schon im ersten Rosenmontagszug waren die (roten) Funken als Darstellung der ehemaligen Stadtsoldaten.

Richtungsstreit und Behördenverbote: Kein konfliktfreier Weg

Der „Knies“ von 1827 blieb nicht der einzige in diesen frühen Jahren. Denn es war längst nicht alles abgemacht und harmonisch innerhalb des Komitees. Auch das Verhältnis zur preußischen Stadtverwaltung und Obrigkeit war nicht ohne Reibungspunkte. So führten 1829 politische Kritik im Zug und in der Karnevals-Zeitung dazu, dass die Obrigkeit das Karnevalstreiben im darauffolgenden Jahr verbot. Lieder und Reden wurden zensiert, die „Offizielle Kölner Karnevals-Zeitung“ wegen möglicherweise staatsgefährdender Inhalte verboten. Das Komitee löste sich daraufhin offiziell auf und verteilte am Karnevalsdienstag aus Protest Totenzettel. Gleichzeitig führten die Karnevalisten demonstrativ einen toten, in Ketten gelegten Hanswurst durch die Stadt. Dem öffentlichen Protest beugten sich die Preußen schließlich und nahmen im Sommer 1830 das Verbot des Zuges und der Karnevalsaktivitäten wieder zurück. Kuschelkurs mit den Behörden oder Konfrontation? Darüber wurde zu Beginn der 1830er-Jahre ebenso gestritten, wie über Führungsprinzipien. Über diese Konflikte entzweiten sich die Karnevalisten, und am Ende zogen 1833 mehrere kleinere Züge durch die Stadt. Damit wurde allmählich das Ende der ersten Komitee-Phase eingeläutet. 1836 übernahm der bisherige zweite Sprecher im Comité, Peter Hubert Leven (1796 – 1850), die Aufgabe des ausscheidenden von Wittgenstein. Mit dem Kaufmann und Inhaber der Kölnisch-Wasser-Fabrik „Farina“ wurde der bis dahin akademisch-romantische Karneval bürgerlicher – eine Parallele zur erstarkten Rolle des Handwerks im Rat der Stadt. Leven gilt auch als Erfinder der „Bütt“, die zunächst eher einem „Laufställchen“ glich. Im Dezember 1837 starb dann Emanuel Ciolina Zanoli, der in den Jahren seit 1823 den Helden Karneval verkörpert hatte. Die Anfangsphase war damit unwiederbringlich vorbei.

Chronologie:

1822 Erstes Treffen einer Gruppe bildungsbürgerlicher Kölner in der Weinstube „Im Häuschen“ mit dem Ziel, den Karneval zu beleben. 1823 Offizielle Gründung des Festkomitees, Heinrich von Wittgenstein wird erster Sprecher. Erster Rosenmontagszug mit dem Motto „Thronbesteigung des Helden Karneval“. 1824 Rosenmontagszug als Sternmarsch, dessen beide Arme einerseits Venetia und andererseits den Helden eskortieren und sich dann vereinen. Es werden Erbsen, Puder, Gipsdragees, Konfetti und auch Kamelle geworfen. Ein „Literarisches Komitee“ wird eingerichtet, bei dem sich Redner anmelden, die auf der Generalversammlung des Komitees das Wort ergreifen wollen. 1825 Erstmals treten Bauer und Jungfrau als unabhängige Figuren im Zug auf. 1827 Der preußische Generalmajor Baron von Czettritz und Neuhauß macht den Vorschlag einer einheitlichen Kopfbedeckung für die Komiteesitzungen – die Geburt der „Mötz“. Auch die offiziellen „Ordensverleihungen“ beginnen. 1828 Erneut geht der Rosenmontagszug als Sternmarsch, dessen Arme sich schließlich zu einem gemeinsamen Umzug vereinen. 1829 Nach politischer Kritik im Zug und in der Karnevals-Zeitung wird das Karnevalstreiben verboten, nach vielen Protesten aber im Sommer 1830 wieder erlaubt. Bei den Generalversammlungen wird der erste Vorläufer der Bütt verwendet. 1833 Unstimmigkeiten im Komitee führen zur Aufspaltung. Es gehen mehrere kleinere Züge durch die Stadt. 1834 Liedsammlung „Bellen-Töne“ mit Karnevalsliedern der Jahre 1823 bis 1834 erscheint. Bereits 1823 komponierte Samuel Schier ein Lied zur Inthronisierung des Helden Karneval, das später jeweils zu Beginn der Sitzungen gesungen wird. 1836 Der bisherige 2. Sprecher im Comité, Peter Hubert Leven, übernimmt die Aufgabe des ausscheidenden von Wittgenstein. 1837 Im Dezember stirbt Emanuel Ciolina Zanoli, der in den Jahren seit 1823 den Helden Karneval verkörpert hatte.

 

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